Entspannung vs. Stress

Um die Notwendigkeit der Entspannung besser zu verstehen, ist es hilfreich zunächst das Phänomen Stress genauer zu betrachten. Hinter dem neuzeitlichen Begriff „Stress“ verbirgt sich eine Ur-Reaktion des menschlichen Gehirns, die sogenannte „Kampf- oder Fluchtreaktion“ (fight or flight reaction). Diese Reaktion dient dem Zweck unser Überleben in akut bedrohlichen Situationen zu sichern.
Wenn unsere Urahnen beim Jagen durch den Wald streiften und plötzlich einem Säbelzahntiger
gegenüberstanden, befanden sie sich in einer lebensbedrohlichen Situation. Sie hatten nur zwei Möglichkeiten: Kampf oder Flucht!

 

Im „Kampf- und Flucht-Modus“ kommt es zu einer reflexartigen Ausschüttung von Stresshormonen, wie z.B. Kortisol und Adrenalin. Gemeinsam sorgen die Hormone dafür, dass der ganze Körper blitzschnell auf Hochspannung umschaltet: Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck schnellt empor, die Atemfrequenz beschleunigt sich, damit der Körper mit mehr Sauerstoff versorgt wird, und das Blut strömt vermehrt in die Skelettmuskulatur. Der Körper bündelt sämtliche Energien, um bestmöglich auf die Bedrohung reagieren zu können. Bei solch einer akuten Stressreaktion, die ein Höchstmaß an körperlicher Energie erfordert, handelt es sich jedoch immer um eine begrenzte Zeitspanne. Ist die Gefahr vorbei - vorausgesetzt man hat überlebt (!) - setzt automatisch eine Entspannungsreaktion ein. Wir ruhen uns aus, um uns von den aufreibenden Kampf- oder Fluchthandlungen zu erholen und neue Kraft zu tanken. Soweit die Bio-Logik der Natur.

 

Nun ist es heutzutage eher unwahrscheinlich, dass wir plötzlich einem Säbelzahntiger gegenüberstehen, auch wenn einige Stubentiger manchmal recht gefährlich wirken können… :)

Jedoch sind diese überlebenswichtigen biologischen Mechanismen auch heute noch durchaus hilfreich, zum Beispiel wenn wir blitzschnell einem Auto ausweichen müssen.

Dummerweise wird das Stresssystem aber auch allzu leicht aktiviert, wenn Kampf oder Flucht gar nicht in Frage kommen. In der modernen Welt haben wir es mit ständigem Zeit- und Leistungsdruck zu tun, mit schwelenden Konflikten, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Unsicherheit des Arbeitsplatzes, finanziellen Sorgen, Zukunftsängsten oder permanenter Erreichbarkeit. Wir stehen damit chronisch unter Stress und erreichen immer seltener den natürlichen Zustand innerer Ruhe und Gelassenheit.

Während uns die akute Stressreaktion zu kurzfristigen Höchstleistungen treibt, erschöpft chronischer Stress, brennt aus, beschleunigt den Alterungsprozess und schädigt das Immunsystem. Nicht umsonst gehen Forscher der Europäischen Union davon aus, dass mittlerweile mehr als 50 Prozent der krankheitsbedingten Fehlzeiten im Zusammenhang mit chronischen Stressbelastungen stehen.

 

Die chronische Stressspirale lässt sich aber durchbrechen. Unter Stress ist der aktivierende Teil des vegetativen Nervensystems - der sogenannte Sympathikus - aktiv, unter Entspannung sein Gegenspieler, der Parasympathikus (auch „Ruhenerv“). Um also dem (chronischen) Stress entgegenzuwirken, können wir mithilfe von Entspannungstechniken den Parasympathikus aktivieren.

Ähnlich wie bei der Stressreaktion finden auch bei Entspannungsreaktionen viele körperliche und biochemische Prozesse statt. Während einer Entspannung wird der Atem ruhiger und regelmäßiger, der Herzschlag verlangsamt sich, gleichzeitig sinkt der Blutdruck, die Muskeln entspannen sich, die Gefäße weiten sich, wodurch sich die Durchblutung verbessert, der Stresshormonpegel sinkt und ein Zustand innerer Ruhe und Ausgeglichenheit tritt ein.

 

Zu entspannen bedeutet, bewusst das Bremspedal zu betätigen. Dazu gibt es viele verschiedene Entspannungsmethoden (Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training, Yoga, Tai Chi, Qi Gong, Phantasiereisen oder Meditation, Klangschalenmassage, Atemtechniken etc.)

Alle Techniken haben gemein, dass sie den Parasympathikus aktivieren, Körper und Geist „ent-spannen“ und somit für innere Ruhe und Ausgeglichenheit sorgen.
Wichtig ist: Die Entspannungstechnik muss zu einem passen. Man muss sich dabei wohlfühlen und den Wert der gewählten Methode spüren.